Kreis Neuwied. In seiner jüngsten Sitzung hat der Kreistag in der Neuwieder David-Roentgen-Schule den Nachtragshaushalt 2024 beschlossen. Dagegen stimmten lediglich die drei Vertreter des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW).
Erforderlich wurde der Nachtrag aufgrund von aktuell von der Pensionskasse berechneten nichtzahlungswirksamen Zuführungen zu Pensions- und Beihilferückstellungen. Allein dadurch kam ein offizielles Haushalts-Minus in Höhe von rund 4,2 Millionen Euro zustande, tatsächliche Auszahlungen wird es allerdings nicht geben, da dies „nur ein Buchungsposten ist“.
„Trotz des Nachtrags 2024 sind wir in der Lage, unsere Finanzen stabil zu halten. Deshalb können wir die Liquiditätsverschuldung auch 2024 weiter abbauen und zwar im selben Maß wie noch im Basishaushalt geplant“, betont Landrat Achim Hallerbach, der zugleich auf die nahezu unlösbare Aufgabe hinweist, eben diese Balance künftig aufrecht erhalten zu können.
So treten im Hinblick auf das Sozialamt und die Eingliederungshilfe die Auswirkungen des Bundesteilhabegesetztes immer deutlicher zutage. Bereits im Nachtrag müssen über 2,3 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt werden, um den Zuschussbedarf von mittlerweile insgesamt über 37 Millionen Euro zu decken. „Auch künftig ist mit extremen Steigerungsraten bei den Transferleistungen in den Bereichen Jugend und Soziales zu rechnen. Da die Mittel aus dem Landesfinanzausgleich nicht angemessen mitwachsen, ist es fast unmöglich, diese Steigerungen auszugleichen“, erklärt Landrat Achim Hallerbach.
Für die Asylbewerber belaufen sich die Aufwendungen im Nachtrag auf mittlerweile über 13,4 Millionen Euro. Sonderzahlungen von Land und Bund erfolgen in der Regel kurzfristig, eine regelrechte Planbarkeit über eine dauerhafte und verlässliche Finanzierung fehlt hingegen noch immer. „Ich erwarte von Bund und Land eine weitere Zusage.
Die Flüchtlinge sind weiterhin in unserem Land. Die Kosten für Unterkünfte und Integration laufen ebenso dauerhaft in unseren Kreishaushalt, aber eine Zusage des Bundes oder auch des Landes zur Übernahme dieser Kosten gibt es immer noch nicht“, kritisiert Landrat Hallerbach. Wenn Bund und Länder uns erklären, dies sei „eine kommunale Daueraufgabe“, dann brauchen wir auch eine entsprechende Finanzausstattung.
Was den Teilhaushalt Jugend und Familie betrifft, müssen alleine für die Spitzabrechnung mit der Stadt Neuwied für deren Stadtjugendamt zusätzliche Mittel in Höhe von 2,1 Millionen Euro bereitgestellt werden. Insgesamt wird der Landkreis im laufenden Jahr hier knapp 26,9 Millionen Euro aufbringen müssen. Hinzu kommen weitere 765.000 Euro für das Kreisjugendamt. Bei den Kindertagesstätten ergibt sich ein erhöhter Zuschussbedarf von circa 2,4 Millionen Euro. Offen bleibt auch hier die Frage, wie sich der große Kostenblock der Personalkosten in den Kindertagesstätten im Jahr 2025 entwickelt.
Beim ÖPNV und bei der Schülerbeförderung steigt der Bedarf an Zuschüssen auf mittlerweile knapp 15,5 Millionen Euro. Das Deutschlandticket sowie der Rheinland-Pfalz Index werden weitere Belastungen für die Kreise bringen. Eine geregelte und langfristige Finanzierung lassen Bund und Land seit Jahren in der Schwebe. Die Auswirkungen der Grundsteuerreform noch hinzugenommen, gestalten sich Prognosen eher trüb.
Zum Ende des Haushaltsjahres wird der Landkreis voraussichtlich noch immer über Eigenkapital in Höhe von rund 75,7 Millionen Euro verfügen. Die Aufnahme weiterer, über den Basishaushalt hinausgehenden, Investitionskredite wird im Verlauf des Jahres nicht notwendig werden. Zudem können weiterhin über 3,5 Mio. Euro an Liquiditätskrediten bis zum Jahresende getilgt werden. Durch die Teilnahme an der Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz (PEK RLP) wird der Landkreis am Ende des Jahres 2024 voraussichtlich nur noch rund 14,1 Millionen Euro an kurzfristigen Krediten ausweisen müssen.
„Das ist ein immenser Meilenstein auf unserem konsequent verfolgten Weg der Entschuldung. Auch die weiteren Aufgaben und Herausforderungen werden wir verantwortungsbewusst und vorausschauend angehen“, ist sich Landrat Achim Hallerbach ebenfalls darüber im Klaren, dass die künftigen Haushaltsplanungen wohl eher ein „Flug auf Sicht“ sein werden.