Der Landkreis Neuwied kann auch 2024 mit einer schwarzen Null kalkulieren und der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) somit einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Ein solcher ist wiederum Voraussetzung für die Genehmigung.
Folgerichtig erteilte der Kreistag dem von Landrat Achim Hallerbach und Kämmerer Florian Hoffstadt präsentierten Finanzwerk in seiner letzten Sitzung vor dem Jahreswechsel mit zwei Gegenstimmen der Fraktion „Die Linke“ seine Zustimmung.
Um zu diesem Ergebnis zu kommen, bedurfte es einer regelrechten Kraftanstrengung. „Mal wieder erweist sich die Kreisumlage als tragende Säule unserer Finanzen. Hier können wir dank unserer starken Wirtschaft, mit einem gesunden Mittelstand und einem guten Gewerbe-Mix mit einem deutlichen Plus in Höhe von 8,9 Millionen Euro planen“, erläutert Landrat Hallerbach; mahnt angesichts der generell rückläufigen Schlüsselzuweisungen des Landes aber zugleich zur Vorsicht:
„Dieser Trend ist schon deshalb ein alarmierendes Signal, weil die Ausgaben der Landkreise ohne die Möglichkeit eigener Einflussnahme immer größer werden.“ Dabei bezieht sich der Landrat unter anderem auf den Tarifabschluss der Beschäftigten und die Erhöhung für die Beamtinnen und Beamten, die für 2024 zu einer Mehrbelastung an zusätzlichen Netto-Personalkosten in Höhe von rund 2,5 Millionen Euro führen.
Neben der deutlichen Steigerung der Personalkosten finden im Haushaltsplan die hohen Steigerungsraten in den Bereichen Soziales, Jugend und Familie ihre Berücksichtigung. Des Weiteren werden erstmals die Auswirkungen der Ausschreibungen beim ÖPNV abgebildet. Vor dem Hintergrund des Kostenzuwachses bei den Kindertagesstätten hatte der Landkreis schon im Nachtragshaushalt 2023 entsprechende Vorkehrungen getroffen.
„Im Ergebnishaushalt unseres Plans für 2024 erwarten wir Gesamterträge in Höhe von 380.337.980 Euro.
Demgegenüber rechnen wir mit einem Gesamtaufwand von 380.302.713 Euro. Unter dem Strich kommen wir also im Jahresergebnis auf ein Plus von 35.267 Euro“, erläutert Florian Hoffstadt.
Ein Plus, das alles andere als selbstverständlich ist. So besteht seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges im Hinblick auf die Asylkosten innerhalb des Sozialetats die große Gefahr, dass die Aufwendungen dauerhaft auf einem sehr hohen Niveau verbleiben, während Bund und Land ihre zusätzliche Unterstützung reduzieren. „Selbst, wenn die zusätzlichen finanziellen Hilfen von Bund und Land zum Tragen kommen, beziehen sich die Zuweisungen nur auf das Jahr 2024. Auch aus Gründen der kommunalen Planungssicherheit, ist es aber vielmehr ein Gebot der Fairness, eine dauerhafte Finanzierung, sicherzustellen“, betont Achim Hallerbach.
Als weiteren Kosten-Block nennt der Landrat jährliche Mehrkosten des Kreisjugendamtes in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro, für die die steigenden Fallzahlen und die Kostensteigerungen bei den Jugendhilfeeinrichtungen und den Trägern maßgeblich mitverantwortlich seien. „Das größte Problem ist in den kommenden Jahren allerdings bei den Kitas zu suchen! Das `Gute Kita-Gesetz des Landes´ ist das Schlechteste das es je gegeben hat“, ärgert sich Achim Hallerbach darüber, dass sich das Land mit immer neuen Betreuungsansprüchen brüstet, die Kommunen aber dafür zahlen müssen.
Die Kinder kämen immer früher in die Kita und blieben länger, die Anforderungen an die Räume und die Infrastruktur würden immer höher, parallel stiegen die personellen und organisatorischen Anforderungen weiter, obwohl es schon jetzt nahezu keine Fachkräfte gebe. Tatsächlich plant der Kreis, fast 59 Mio. Euro in 2024 zu zahlen. Davon werden wiederum voraussichtlich nur rund 31,2 Mio. Euro erstattet. Unterm Strich schlagen die vom Personal geprägten Kosten in den Kitas in diesem Jahr folglich mit knapp 28 Mio. Euro für den Kreis zu Buche - plus weitere Kita-Gruppen die personalisiert werden müssen, rechnet Achim Hallerbach vor.
Als einen zusätzlichen Bereich „mit Sprengkraft für die Finanzen der Landkreise“ bezeichnet der Landrat die Kostenentwicklung im ÖPNV und Schülerverkehr – Stichwort „Personalmangel“ und Preissteigerungen“, bei denen das wirtschaftliche Risiko vollumfänglich von den Kommunen zu schultern sei.
Wie der Landrat weiter ausführt, sind zugleich Investitionen zur Gewährleistung der Zukunftsfähigkeit unabdingbar: 24,7 Millionen Euro sind im Haushalt 2024 für Investitionen und Investitionsförderungsmaßnahmen vorgesehen. Dafür wird seitens des Kreises in 2024 mit zusätzlichen Investitionskrediten in Höhe von rd. 7,4 Mio. Euro kalkuliert.
Die größte Position bei den Investitionen macht dabei mit über 8 Mio. Euro der Breitbandausbau aus. Darüber hinaus wird der Kreis aber auch weiterhin finanzielle Mittel für Schulen und Straßen sowie den Brand- und Katastrophenschutz aufwenden.
Mit Blick auf die Umsetzung des „Kommunales Investitionsprogramm Klimaschutz und Innnovation“ des Landes Rheinland-Pfalz „KIPKI“ kann der Landkreis im Jahr 2024 vor dem Hintergrund einer 100prozentigen Förderung für rund 2,7 Mio. Euro verstärkt in Photovoltaik und andere umweltfreundliche Maßnahmen investieren.
Fazit: Der Haushalt 2024 ist genehmigungsfähig. Aber einen solchen Ausgleich auch in den Folgejahren zu erreichen, wird immer schwieriger. In der Folge scheint eine Absenkung vergleichsweise hoher Standards kein Tabu mehr sein zu dürfen.