Die Wirtschaft im Kreis Neuwied ist stark. Warum dem so ist, verkörpert ein Unternehmen praktisch wie unter dem Brennglas betrachtet: M+C Schiffer in Neustadt - ein innovations-getriebenes Familienunternehmen in vierter Generation; ein hochattraktiver Arbeitgeber, der Global Player und „Hidden Champion“ gleichzeitig ist. Dank seiner Lage an der A3 werden viele Menschen den Firmenschriftzug vom Vorbeifahren kennen. Aber wissen sie, dass sich dahinter einer der größten, unabhängigen Zahnbürstenhersteller der Welt verbirgt? Über 300 Millionen Stück kann das Unternehmen, das einst „Dr. Best“ erfand und heute für fast alle bekannten Marken produziert, am Hauptsitz im Kreis Neuwied pro Jahr herstellen. Die Schiffer-Gruppe verfügt über einen der weltweit modernsten Maschinenparks zur Zahnbürstenherstellung und fertigt Großserien auf vollautomatischen Linien – vom Kunststoff-Granulat bis zum fertigen Produkt.
Und auch wenn das eigene Schwesterwerk in Goa (Indien) in den letzten Jahren gewachsen ist, spielt der Standort Neustadt weiter die zentrale Rolle. „Hier erforschen und entwickeln wir alle neuen Produkte und Technologien. Hier fertigen wir die anspruchsvollsten Produkte“, machten die Geschäftsführer Küros Schiffer und Maik Hundenborn kürzlich beim Besuch von Landrat Achim Hallerbach und Kreis-Wirtschaftsförderer Harald Schmillen deutlich.
Im gemeinsamen Arbeitsgespräch ging es vor allem um zwei aktuell drängende Themen, die nicht nur M+C Schiffer betreffen, sondern die gesamte deutsche Industrielandschaft: Zum einen wird die Fachkräftegewinnung schwieriger. Wie mittlerweile fast alle Unternehmen sucht auch M+C Schiffer nach neuen Kollegen, die die abwechslungsreichen und technologisch anspruchsvollen Jobs ausfüllen können. Auch Azubi-Stellen sind in diesem Jahr noch frei. Harald Schmillen warb in diesem Zusammenhang zum einen für eine Teilnahme an den „Firmenfacetten“, dem Marketingkonzept, mit dem die Wirtschaftsförderung des Kreises die Bekanntheit der hiesigen Unternehmen ausbaut, und zum anderen für die „Naturtalente“, der Ausbildungsfibel im Westerwald, die an alle Vor-Abschlussschülerinnen und – schüler ausgegeben wird.
Thema 2 war ebenfalls ein aktueller Dauerbrenner: die Energiekosten. „Unsere Wettbewerber sitzen in Asien. Wenn uns hier die Strompreise um die Ohren fliegen, haben wir ein Problem“, machte Hundenborn deutlich. Landrat Achim Hallerbach versicherte in diesem Zusammenhang, sich nach Kräften dafür einzusetzen, dass die Unternehmen mehr Planungssicherheit bekommen. Denn vorerst gilt der Preisdeckel der Bundesregierung nur bis zum 31. März des kommenden Jahres. Außerdem will man gemeinsam überlegen, welche Möglichkeiten der Eigen-Energiegewinnung möglich sind. Schiffer hat bereits eine leistungsfähige Photovoltaikanlage auf dem Dach seiner Hallen installiert, die jedoch nur einen kleinen Teil des Bedarfs abdeckt. Hier soll geprüft werden, welche Dächer noch belegt werden können und welche weiteren Alternativen denkbar sind. „Wenn wir helfen können, werden wir das tun“, versicherte Landrat Achim Hallerbach die behördliche Unterstützung.
„Die Sorgen und Nöte von M+C Schiffer sind, so muss man leider sagen, im Moment beispielhaft für die Industrielandschaft in Deutschland. Ich höre diese und sehr ähnliche Sorgen bei vielen Betriebsbesuchen. Abgesehen von konkreten Maßnahmen und den Zeitrahmen, in denen diese umgesetzt werden sollen, denn hier haben viele Akteure sehr unterschiedliche Meinungen, erscheint mir ein Punkt als absolut herausragend wichtig. Es ist die Planungssicherheit. Unternehmerinnen und Unternehmer investieren immer in die Zukunft. Und dafür braucht es jetzt endlich wieder verlässliche Daten und Angaben, sonst ist der Industriestandort Deutschland vielleicht morgen schon Geschichte. Und das kann nicht unser Bestreben sein“ fasst Landrat Achim Hallerbach das Gespräch zusammen.