Starkregen? Hochwasser und Überschwemmungen? Systemausfälle
nach Cyberangriffen? Pandemie? Dürre? Gasmangellage? Stromausfall? Welche
Katastrophe uns morgen ereilt, kann niemand sagen. Aber nachdem große Krisen
für viele Menschen lange Zeit nur noch ein Phänomen aus dem Fernsehen waren,
hat die jüngere Vergangenheit gezeigt, dass sie auch in Deutschland geschehen
können. Ein Umdenken hat stattgefunden.
Auch im Kreis Neuwied ist das Thema
Katastrophenschutz wieder stärker in den Focus gerückt, spätestens mit Beginn
der Corona-Pandemie und verstärkt durch die Ahrflut mit deutlich neuer Dynamik.
„Was in den vergangenen 40 Jahren bundesweit im Katastrophenschutz zurückgebaut
wurde, können wir nicht innerhalb weniger Monate auf neue Füße stellen.
Aber wir haben uns auf den Weg gemacht“, betonte Landrat Achim Hallerbach in der jüngsten Sitzung des Neuwieder Kreistages und verwies dabei auch darauf, dass die Katastrophenschützer des Kreises nicht nur mit den Wehren in der Stadt und den Verbandsgemeinden eng kooperieren, sondern auch auf Ebene von „Wir Westerwälder“ mit den Nachbarkreisen Altenkirchen und Westerwald gemeinsame Sache machen. „Wir entwickeln neue Strategien und stellen uns für die Zukunft auf. Dabei bilden wir auch regionale Schwerpunkte. Nicht jeder muss auf jede Lage spezialisiert sein. Wir müssen Kräfte bündeln und diese sinnvoll miteinander verknüpfen“, hielt er fest.
„Wer sich auf Notlagen vorbereitet und im Vorfeld Krisenmanagementstrukturen aufgebaut hat, der sollte bessere Chancen haben, durch die Krise zu kommen. Auf diesen Weg haben wir uns begeben“, führte auch Brand- und Katastrophenschutz-Inspekteur (BKI) Holger Kurz bei seinem Vortrag im Kreistag aus. Er stellte dabei auch klar, dass man damit im Kreis Neuwied schon vor Corona, Ahr und Ukraine begonnen und unter seinem Vorgänger Werner Böcking 2010 die „Technische Einsatzleitung“ (TEL) aufgebaut hat. Auch die konzeptionellen Planungen zum Aufbau eines neuen Führungs- und Logistikzentrums begannen auf Initiative von Landrat Hallerbach bereits 2018. Weil das vorgesehene Gebäude im Neuwieder Industriegebiet dann jedoch kurzfristig als Corona-Fieberambulanz gebraucht wurde, verzögerte sich die Umsetzung. Mittlerweile ist sie in vollem Gange. Das Lager füllt sich immer mehr mit Hilfsmaterialien, die Einrichtung eines dem heutigen technischen Stand ausgestatteten Lagezentrums steht kurz bevor.
Parallel ist ein Logistik- und Transportkonzept erarbeitet worden, in dessen Rahmen gemeinsam mit der Stadt Neuwied zwei Wechselladerfahrzeuge inklusive diverser Abrollbehälter mit verschiedenen Funktionen und zwei geländegängige Logistikfahrzeuge angeschafft werden.
Zur Warnung der Bevölkerung wird das Sirenennetz im gesamten Kreis wieder aufgebaut. Im kommenden Jahr werden die ersten 25 Anlagen in den Flusstälern aufgestellt, in den kommenden vier bis fünf Jahren sollen es insgesamt 160 Sirenen werden. Dafür sind geschätzte Gesamtkosten in Höhe von 3,5 Millionen Euro eingeplant.
Für den Hochwasserschutz werden an Wied, Sayn- und Holzbach zusätzliche kommunale Pegel installiert. Es gibt einen gemeinsamen Alarm- und Einsatzplan mit den Nachbarkreisen für Holzbach und Wied, außerdem wird derzeit auf Landkreisebene eine Sandsackreserve aufgebaut.
Letztlich, so machte BKI Holger Kurz deutlich, kann der Katastrophenschutz des Kreises aber nicht allein sämtliche Krisen bewältigen, sondern nur im Rahmen der Gefahrenabwehr die schwersten Folgen für die Bevölkerung abwehren und lindern. Grundsätzlich ist er auf die Mitarbeit der Gemeinden und Hilfsorganisationen angewiesen. Dazu gehört auch, dass die Kommunen verantwortlich dafür sind, ihre Bevölkerung aufzuklären und die Selbsthilfefähigkeit der Menschen zu fördern. „Jeder hat seinen Beitrag zu leisten und Vorsorge zu treffen. Nur dann können wir vom Katastrophenschutz vernünftig ansetzen“, machte Kurz deutlich.