Manchmal wird er als sein „kleiner Bruder“ bezeichnet. Fachleute finden allerdings, dass seine Leistungen denen des „großen“ Alexander von Humboldt in nichts nachstehen: Maximilian Alexander Philipp Prinz zu Wied-Neuwied, kurz: Prinz Max. Auf zwei mehrjährigen Expeditionen erforschte der Neuwieder Anfang des 19. Jahrhunderts erst Brasilien und dann Nordamerika. Mehr als 50 wissenschaftliche Gattungs- und Artenbezeichnungen tragen seitdem seinen Namen. Er war einer der letzten Zeugen freier Indianer und prägt deren Bild bis heute – unter anderem, weil seine Schilderungen Karl Mey stark beeinflussten.
In Neuwied gibt es seit einiger Zeit den Wunsch in der
Bevölkerung, diesen berühmten Sohn mit einem Museum zu ehren. Öffentlich
vorangetrieben vor allem durch den Juristen Tim Ohnemüller soll Prinz Max gleichzeitig
für die Vermarktung der Stadt und eine Stärkung des Selbstbewusstseins der
Bürger besser genutzt werden. Auch in der Kreisverwaltung macht man sich schon
seit längerem intensive Gedanken in diese Richtung. Landrat Achim Hallerbach konnte
daher jetzt im Kreis-Kulturausschuss vorangehen und gemeinsam mit Architekt
Ralph Schulte eine Idee präsentiert, die er als „Vision eines weit strahlenden
Kulturstandortes im Landkreis Neuwied“ bezeichnet. Entstehen soll nichts
weniger als ein „Museumsplatz 3.0“ – ein museales Zentrum mit drei Gebäuden um
einen zentralen Vorplatz.
Der Grundgedanke dabei ist, das Vorhandene zu nutzen: In diesem Fall sind es zum einen die historischen Personen: Prinz Max, aber auch den Genossenschaftsgründer Friedrich Wilhelm Raiffeisen und die beiden Kunsttischler Abraham und David Roentgen. „Welche Stadt dieser Größenordnung kann schon auf drei solche, auch international bekannte Größen verweisen?“, fragt Kreis-Museums-Direktor Bernd Willscheid und legt die Antwort gleich nach: „Kaum eine.“
Der zweite Punkt ist eben das Haus am Raiffeisenplatz, das Willscheid leitet und das sich den beiden berühmten Möbelschreinern widmet. Es ist vorhanden und könnte in erweiterter Form Mittelpunkt eines musealen Trios werden. Denn neben dem denkmalgeschützen Gebäude gibt es zwei Freiflächen, die in städtischem Besitz sind, und den passenden Platz für je ein weiteres Haus bieten würden. Im „Museumsplatz 3.0“-Plan von Architekt Schulte könnte so auf der jetzigen „Bolzplatz“-Fläche ein Museum für Prinz Max gebaut werden und auf dem Grundstück, auf dem die Raiffeisenstatue steht, ein Haus für den Genossenschaftsgründer. Verbinden würde die drei Gebäude ein gemeinsamer Musemsplatz. „Das wäre ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Es entstünde ein städtebaulicher Platz, der in der Region seinesgleichen sucht“, ist Landrat Achim Hallerbach überzeugt.
Durch seine Nähe zum Bahnhof wäre dieser infrastrukturell ideal angebunden und damit gleichzeitig ein tolles Entree für die Stadt. Auch die Neuwieder City wäre für Besucher fußläufig problemlos erreichbar. „Wir haben schon jetzt viele Gäste, die nach dem Besuch bei uns noch in die Innenstadt laufen“, bestätigt Museums-Mitarbeiterin Rosina Kusche-Knirsch.
Neben der optimalen Lage gäbe es auch die thematische Verbindung. „Alle Protagonisten stellen auf ihrem Gebiet herausragende Figuren dar. Sie lebten zwischen 1740 und 1890, in der Zeit der Aufklärung, einer Zeit, die durch ein humanistisches Menschenbild gekennzeichnet war und unsere mitteleuropäische Gesellschaft bis heute prägt“, macht Landrat Achim Hallerbach deutlich, dass gerade eine Konzentration an einem Standort sinnvoll wäre. Ähnlich spricht sich Schulte gegen eine „Zerstreuung“ der Museumslandschaft aus: „Prinz Max, Raiffeisen und die Roentgens: Gerade als ,Triumvirat‘ würden sie überregionale Strahlkraft erzeugen“, ist er sicher und ergänzt: „Da würde es sich beispielsweise auch für Schulklassen lohnen, von weiter weg anzureisen.“ Dass am Kreis-Museum passende Flächen vorhanden sind, bezeichnet er daher als „Steilvorlage“.
Und wie realistisch ist eine Umsetzung der „Vision“? Noch steht sie am Anfang. Dass die Grundstücke in öffentlicher Hand sind, ist aber schon einmal ein vielleicht entscheidender Vorteil. Und dass man die Museen mit Leben füllen könnte, da ist Direktor Bernd Willscheid zuversichtlich. „Es ist zwar vieles über den ganzen Erdball verstreut, aber es gibt in der Stadt noch originale Exponate, die man zeigen könnte. Darüber hinaus hat sich in der Museumspädagogik viel verändert. Man kann Sachen multimedial interessant und erlebbar machen“, weiß er. Gerade Prinz Max sieht er dabei als einen Publikumsmagneten an. Seine Natur- und Indianerforschung sei auch für Kinder äußerst interessant. Raiffeisen böte wiederum reichlich Potenzial für Tagungen und Kongresse, zum Beispiel von den nach ihm benannten Banken. Von daher könnte ein ihm gewidmetes Gebäude auch mehr Forum als Museum sein.
„Visionen sind Fantasien, denen eine beträchtliche Chance eingeräumt wird, dass sie realisiert werden“, zitiert Architekt Ralph Schulte einen heute unbekannten Autor. Und Bernd Willscheid ergänzt: „Wenn der politische Wille da ist, kommt die Finanzierung auch.“ Zumindest im Kulturausschuss schien der nach der Präsentation vorhanden. Die Initiative wurde jedenfalls parteiübergreifend begrüßt.