Es wird ernst. Die Konzepte sind geschrieben, jetzt müssen sie umgesetzt werden. Dafür hat der Kreis Neuwied erstmals eine eigene Klimaschutzmanagerin eingestellt, dafür will Janine Sieben (42) auch selbst stehen. „Ich bin Technikerin und will kein Papier für irgendwelche Schubladen produzieren“, sagt sie zum Dienstantritt unumwunden. Eine klare Ansage, die Landrat Achim Hallerbach freut: „Wir haben eine Praktikerin gesucht und glücklicherweise gefunden“, macht er deutlich. Und beide sind sich einig: „Es ist alles vorbereitet, die ,Roadmap‘ ist da. ,Machen‘ ist angesagt.“
Eben diese Übereinstimmung bei der Zielsetzung, so erzählt Sieben im Gespräch, sei für sie ein wichtiger Grund gewesen, sich für die Kreisverwaltung zu entscheiden. „Ich hatte und habe das Gefühl, hier offene Türen einzulaufen. Die Politik unterstützt die Richtung, der Chef steht 100-prozentig dahinter“, fühlt sie sich nach den ersten Tagen im Job bestätigt und schiebt nach, dass ihr das auch ein Herzensanliegen ist. „Ich denke, dass ich mit meinen Fähigkeiten an dieser Stelle viel gegen den Klimawandel tun kann. Ich habe zwei Kinder und möchte zumindest versuchen mitzuhelfen, dass es in ihrer Zukunft noch möglich ist, unter freiem Himmel zu gehen. Es ist 5 nach 12“, lässt sie keinen Zweifel an der Dringlichkeit.
Aber was heißt das konkret für die Umsetzung? „Die erste Priorität lautet, Photovoltaik auf die Dächer der eigenen Liegenschaften zu bekommen“, antwortet die eingetragene Architektin und zertifizierte Klimaschutzberaterin. Denn damit ließen sich sehr schnell Einsparpotenziale erzielen. „Ein großer Teil des Stroms wird in Deutschland noch aus Braun- und Steinkohle erzeugt. Wenn wir ihn aus Sonnenlicht produzieren und selbst nutzen, sparen wir CO2 und gleichzeitig Geld“, macht sie deutlich, dass sich das auch wirtschaftlich gut rechnen kann. Und Potenzialflächen gebe es reichlich, auch wenn die ein oder andere Dacheindeckung noch vorbereitet werden müsste. Aber eben diese praktische Umsetzung hat sie sich ja auf die Fahnen geschrieben. Eine weitere große Chance, so erklärt sie, sei es, benachteiligte landwirtschaftliche Grundstücke mit aufgeständerten PV-Modulen zu versehen und gleichzeitig ökologisch aufzuwerten.
Die neue Klimaschutzmanagerin betont dabei, dass in der Vergangenheit keinesfalls geschlafen worden ist. „Selbst während der Corona-Zeit ist das Thema bei der Kreisverwaltung nie aus den Augen gelassen worden. Es sind PV-Anlagen gebaut und Holzhackschnitzelheizungen für Schulen angeschafft worden“, macht sie deutlich und unterstreicht: „Das macht mir ja gerade Mut, dass ich hier wirklich etwas umsetzen kann.“ Und so kommt sie zu dem – ambitionierten - Schluss: „Bis 2030 65 Prozent CO2 einzusparen ist möglich!“
Bei der Erreichung der Ziele helfen soll die Zusammenarbeit mit der „Energie-Agentur Rheinland-Pfalz“, dem „Institut für angewandtes Stoffmanagement“ am Umweltcampus Birkenfeld sowie der Transferstelle Bingen (TSB), bei der die bisherige „externe Klimaschutzmanagerin“ des Kreises Neuwied, Tanja Reichling, angesiedelt ist. Die hat ihre Arbeit grundsätzlich an Sieben übergeben, erstellt aber noch eine aktuelle CO2-Bilanz für den gesamten Kreis. Diese soll anschließend Software-unterstützt fortgeschrieben werden, damit die erzielten Treibhausgasreduzierungen in den verschiedenen Sektoren – Gebäude, Verkehr, Energie, Abfall- sowie Landwirtschaft – auch transparent werden.
Mit „großer Spannung“ erwartet Janine Sieben außerdem die
Ergebnisse der in Auftrag gegebenen Machbarkeitsstudie für die Nutzung von
klimafreundlichen Nutzfahrzeugen im Bereich der Abfallwirtschaft. Die
Minimierung des CO2-Ausstoßes durch sparsame Ressourcennutzung sei jedoch auch
nur „die halbe Miete“, sagt sie. Längst sei es ein ähnlich wichtiges Thema,
sich an den schon vorhandenen Klimawandel anzupassen. Daher freut sie sich,
dass auch eine Stelle für einen „Klimawandelanpassungsmanager“ ausgeschrieben
ist und damit das Team „Energie, Klima und Umwelt“ der Kreisverwaltung noch
weiter wachsen wird.
Das ist Janine Sieben:
Janine Sieben (42) ist gebürtige Neuwiederin, verheiratet und Mutter zweier Söhne. Nach dem Abitur am Rhein-Wied-Gymnasium im Jahr 2000 absolvierte sie zunächst eine Ausbildung zur Bauzeichnerin und arbeitete anschließend ein Jahr im Beruf. 2004 nahm sie dann ein Architektur-Studium an der FH Koblenz auf, das sie mit einem Master abschloss. Ab 2007 arbeitete Sieben – teils parallel zum Studium, teils durch Babypausen unterbrochen - für die Neuwieder „Energieagentur Mittelrhein“ (EAM). Sie beriet kleinere und mittelständische Unternehmen und engagierte sich außerdem im Wohngebäude-Bereich, in dem sie energetische Sanierungen plante und umsetzte. Bei der EAM erwarb die eingetragene Architektin auch eine Zertifizierung als Klimaschutzberaterin. Seit 2015 arbeitete Janine Sieben dann als Architektin für das Gebäudemanagement der Verbandsgemeinde Rengsdorf-Waldbreitbach, ehe sie am 1. April 2022 ihre Tätigkeit als Klimaschutzmanagerin bei der Neuwieder Kreisverwaltung aufnahm.