Kreis Neuwied. Der Wolf ist zurück im Westerwald. „Wir wollen ihn nicht ausrotten, aber wir müssen unseren Landwirten helfen, ihre Tiere schützen zu können – und zwar besser als bisher“, sagt Landrat Achim Hallerbach, der deshalb der stellvertretenden Ministerpräsidentin Anne Spiegel ein Forderungspapier der Kreisverwaltung übergab, als die grüne Ministerin für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten jetzt die Schäferei Ditscheid in Asbach besuchte.
Das Papier enthält folgende fünf Punkte:
1. Mehr Förderung von wolfssicheren Zäunen: Bislang wird nur ein Teil der zusätzlichen Arbeitsleistung, die die Tierhalter mit dem Bau und vor allem der Unterhaltung haben, gefördert. Es sollten 100 Prozent sein! Vor allem das Freischneiden der Zäune ist teilweise ein enormer Aufwand für die Tierhalter.
2. Schutz auch für erwachsene Pferde und Rinder: Bislang werden bei Pferden und Rindern nur Schutzmaßnahmen gefördert, wenn auch Jungtiere auf der Weide stehen. Es sollte Schutz für alle sein! Denn bei Wolfsattacken nimmt nicht nur die Gefahr von Ausbrüchen zu, es kommt auch vermehrt zu Fehlgeburten.
3. Das Land muss für Folgeschäden haften: Wenn Viehherden bei einer Wolfsattacke ausbrechen, kann das schlimme Konsequenzen haben, vor allem im Straßenverkehr. Das Land sollte hier die Haftung übernimmt, sofern der Landwirt ordnungsgemäße Zäune gebaut hat. Sonst bleiben die Autofahrer auf ihren Schäden sitzen.
4. Die Schutzwürdigkeit muss regelmäßig überprüft werden: Wenn es in einer Region so viele Wölfe gibt, dass sie die Weidetierhaltung gefährden, muss die Population reduziert werden können. Sonst ziehen sich die Weidentierhalter zurück und wir bekommen ungepflegte, zugewucherte Landschaften.
5. „Problemwölfe“ chippen: Wölfe, bei denen Risse von Nutztieren nachgewiesen sind, müssen betäubt und gechippt werden, damit sie überwacht und notfalls auch entnommen werden können.
„Wir hoffen, dass die Landesregierung unsere Forderungen ernst nimmt“, sagte Hallerbach, der auf die Bedeutung der Landwirtschaft auch im Sinne des Erhalts unserer Kulturlandschaft hinwies. „Wir müssen die Weidetierhalter stärker unterstützen. Sie erfüllen viele Auflagen und erledigen bürokratische Anforderungen. Aber sie müssen auch wirtschaftlich überleben können“, machte er deutlich und wies darauf hin, dass die Forderungen des Weidezüchterverbandes teilweise noch über die fünf genannten Punkte hinausgehen.
In ihrem Grußwort betonte Klimaschutzministerin Anne Spiegel, dass es ihrem Ministerium sehr wichtig sei, die Weidetierhalter bei ihren Präventionsmaßnahmen gegen den Rückkehrer Wolf zu unterstützen. Dafür sei neben der Stiftung für Natur und Umwelt zusätzlich das neue Koordinierungszentrum Luchs und Wolf eingerichtet worden. Ihr Besuch diene dazu, sich einen Überblick über die Erfahrungen der Weidetierhalter mit den angebotenen Präventionsmaßnahmen zu schaffen.
Günter Czerkus, Bundesvorsitzender des Bundesverbandes der Berufsschäfer betonte, dass es sehr wichtig sei, auch die Hobbyschafhalter für besseren Herdenschutz zu gewinnen. „Sie leisten einen wichtigen Beitrag für die Landschaftspflege im Bereich von Ortsrandlagen“, machte er deutlich. Sein Angebot: Praktische Hilfe beim Zaunbau vor Ort. Anmeldemöglichkeiten sollen über die Stiftung Natur und Umwelt eingerichtet werden.
Dirk Ditscheid präsentierte seinen Zaun, der über die Stiftung Natur und Umwelt gefördert wurde. In benachbarten Koppeln hält er rund 50 Mutterschafe mit Lämmern und eine Mutterkuhherde mit circa 30 Kühen und Kälbern. Gerade im Bereich von Bachläufen stößt ein wolfssicherer Zaun aber an seine Grenze. Vor allem in feuchten Sommern wie dem aktuellen führen rasch steigende Bachpegel dazu, dass die Elektrozäune geerdet und somit wirkungslos gegen das Untergraben durch den Wolf sind. Deshalb werden seine Schafe über Nacht in sichere Areale umgetrieben. Ein hoher zeitlicher Aufwand für den Nebenerwerbslandwirt. Zusätzlich muss er seine Mutterkuhherde vor Wolfsattacken schützen. „Sonst könnte der Wolf seinen Speiseplan kurzfristig von Schaf auf Kalb umstellen“, sagte Ditscheid.
Trotz aller Mühen plagen ihn Zweifel, ob seine Herden wirklich ausreichend geschützt sind. „Wenn ich mich ständig darum sorgen muss, dass die Herden nach einer Wolfsattacke ausbrechen und Verkehrsteilnehmer schädigen und dies nur durch einen noch höheren Aufwand auszuschließen ist, muss ich meine Tierhaltung aufgeben“, redete er nicht drumherum. Ein weiterer kritischer Aspekt der Präventionsmaßnahme sei die Gefahr für Wildtiere. Ein Dachs habe sich bereits im Zaun verfangen und sei verendet, so Ditscheid.
Landrat Achim Hallerbach stimmt mit ihm darin überein, dass ein hundertprozentiger Herdenschutz nicht zu erreichen ist. „Die Wolfspopulation muss in erträglichem Rahmen gehalten werden“, lautet daher seine Forderung.