Kreis Neuwied/Ahrweiler. Es ist eine Mammutaufgabe. Es läuft teilweise noch chaotisch. Aber es geht auch voran und langsam kommt immer mehr Struktur herein. Das sind die Eindrücke von Landrat Achim Hallerbach, der am Mittwoch erneut selbst die Einsatzkräfte aus dem Kreis Neuwied im Krisengebiet besucht und sich einen Überblick über die Lage verschafft hat – so gut das derzeit eben geht.
Eine seiner wichtigsten Erkenntnisse: Bei aller Zerstörung und allem Verlust, ist die Stimmung in Ahrweiler nicht gereizt. „Im Gegenteil: Es gibt viel Solidarität und Gemeinschaftsgeist. Die Menschen reden miteinander und manchmal wird sogar gemeinsam gelacht“, berichtet er. Denn die Menschen helfen sich. Und das ist die andere wichtige Erkenntnis: „Was die Leute vor Ort leisten, ist fantastisch“, fasst es Hallerbach zusammen und meint damit alle Helfer:
Die rund 300 Feuerwehrleute aus dem Kreis Neuwied, die dort permanent im Einsatz sind. Sie haben in Ahrweiler mittlerweile einen eigenständigen Abschnitt südlich des Flusses übernommen und koordinieren die Arbeit in „ihrem“ Gebiet über die beiden Einsatzleitwagen, die am Kurpark und am ca. 20 Minuten entfernten Augustinum stehen.
Das THW ist im Dauereinsatz, die Neuwieder Stadtwerke (SWN) arbeiten mit Hochdruck an der Wiederherstellung der Wasserversorgung.
Die vielen Kräfte vom Roten Kreuz und vom Malteser Hilfsdienst, die sich vor Ort um die oft alten Menschen kümmern, die alles verloren haben – von der Brille, über das Hörgerät bis zu den persönlichen Medikamenten. Unterstützt werden sie auch immer mehr von Betreuern und Seelsorgern, die, von der Kreisverwaltung koordiniert, als freiwillige Helfer hinzueilen. „Hier können sich gern noch weitere Freiwillige melden“, appelliert der Landrat.
Unverzichtbare Arbeit leisten auch viele Unternehmer, Landwirte und „einfache“ Helfer, die Wege räumen, Schlamm schieben und Wohnungen entrümpeln. „Es gibt viele Privatinitiativen, die die Häuser leerräumen und dabei von den Firmen unterstützt werden. Dabei habe ich auch zahlreiche bekannte Gesichter aus unserem Kreis gesehen und kann nur immer wieder Danke sagen“, betont Hallerbach und macht deutlich, dass eine der aktuellen Hauptaufgaben ist, den in der Stadt auf vormals freien Flächen gesammelten Müll aus den Häusern und Wohnungen wegzuschaffen. „Der muss da jetzt raus. Sonst bekommen wir weitere Probleme mit Ratten und Gestank“, weiß er und berichtet, dass gerade viele Gespräche laufen, wie die Sperrmüll-Massen entsorgt werden können. „Das sind Tausende Tonnen. Deshalb haben wir unsere Deponie in Linkenbach als Zwischenlager für größere Mengen angeboten und auch teilweise schon mit der Entsorgung von Müll begonnen“, gibt er an.
Auch darüber hinaus arbeiten Krisenstab, Landrat und Neuwieder Kreisverwaltung in vielen Bereichen auf Hochtouren. So hat Hallerbach den Kollegen der Kreisverwaltung Ahrweiler, die teils technisch lahmgelegt und aufgrund direkter Betroffener personell ausgedünnt sind, Amtshilfe angeboten. Der Nachbarkreis wird nicht nur personell unterstützt, sondern in der Neuwieder Verwaltung werden auch konkrete Aufgaben übernommen. Vor allem können die betroffenen Menschen aus Ahrweiler ab jetzt in der Deichstadt ihre Autos abmelden. Der Zugriff auf die entsprechenden Datenbanken ist zwischenzeitlich geregelt. „Das funktioniert in Ahrweiler ja zur Zeit einfach nicht und gerade in diesem Bereich dürfte einige Arbeit auf die Behörden zukommen“, sagt Hallerbach mit Blick auf die vielen, von der Flut zerstörten Autos. Ähnlich können sich Menschen aus dem Nachbarkreis im Oberhonnefelder Impfzentrum ihre schützende Spritze gegen das Coronavirus geben lassen und machen davon auch schon regen Gebrauch.
„Es ist einfach eine große Gemeinschaftsaufgabe“, bilanziert der Landrat und appelliert erneut: „Die Zerstörungen sind so immens und eigentlich nicht vorstellbar, dass wir das nur meistern werden, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Und wir müssen den Menschen helfen, die alles verloren haben. Nur darum geht es jetzt.“