Kreis Neuwied. Am 1. Juli tritt ein neues Kita-Gesetz in Kraft. Damit ist auch das bisherige Förderprogramm „Kita plus“ Geschichte. Der Kreis Neuwied will diesen Verlust mit seinem Konzept zum „Sozialraumbudget“ kompensieren und dabei zusätzliche Stellen schaffen, um möglichst frühzeitig und präventiv eingreifen zu können, wenn in Kindertagestätten Probleme entstehen. Ziel ist, alle Kinder möglichst gleiche Chancen und Zugang zu den verschiedenen Angeboten zu gewähren. „Im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben haben wir das Bestmögliche herausgeholt“, ist Landrat Achim Hallerbach überzeugt. Der Jugendhilfeausschuss folgte ihm und segnete das Konzept in seiner jüngsten Sitzung einstimmig ab.
Doch worum geht es konkret? Das neue Sozialraumbudget-Konzept fußt auf drei Säulen. In der Mitte steht dabei, vereinfacht gesprochen, die Kopie eines Erfolgsmodells, das es an Schulen schon länger gibt: den Sozialarbeitern. Vorgesehen ist die Schaffung von 13 Stellen für die Kitas im Kreis. Verteilt werden die Kontingente für die einzelnen Einrichtungen entsprechend der Anzahl der Plätze und auf Grundlage einer aufwendig durchgeführten Sozialraumanalyse. Dafür mussten die einzelnen Kommunen, sprich die Kreisverwaltung Neuwied, nachvollziehbar erklären, weshalb welche Ressource in welchem Ort beziehungsweise Stadtteil eingesetzt werden soll und wo es besondere Faktoren gibt, die einen erhöhten Aufwand rechtfertigen. „In der Stadt ist es relativ einfach, soziale Brennpunkte zu identifizieren. In einem Landkreis kommen teilweise ganz andere Faktoren wie weite Anfahrtswege zu Angeboten hinzu“, macht Daniela Kiefer vom Kreisjugendamt deutlich.
Als „Basisausstattung“ wird es an allen Kitas sogenannte Netzwerker geben, die die vorhandenen Angebote von örtlichen Vereinen, Bildungsanbietern und Beratungsstellen gut kennen und als eine Art Lotsen agieren. Sie sollen dabei sowohl für die Kita-Mitarbeiter als auch die Eltern Ansprechpartner sein. Dabei sollen sie die Kitas wie Eltern untereinander vernetzen, Selbsthilfepotenziale stärken und Nachbarschaftshilfen fördern. „Wir wollen damit auch sozialer Isolation verbeugen, die mittlerweile in ländlichen Gebieten leider ein Thema ist“, erklärt Daniela Kiefer.
Hinzu kommen in den - auf Grundlage der Sozialraumanalyse ausgewählten - Verbandsgemeinden Bad Hönningen, Asbach und Dierdorf noch fünf zusätzliche „Sozialarbeiter mit Schwerpunkt Einzelfallberatung“, die sich um Kinder und deren Familien in schweren Situationen kümmern.
Eine weitere Säule des Sozialraumbudget-Konzepts sind die Fachkräfte mit interkultureller Kompetenz. Während es bisher die Möglichkeit gab, interkulturelle Fachkräfte nach bestimmten Kriterien zu beantragen, ist dies vom Land so nicht mehr vorgesehen. Der Kreis Neuwied hat sich mit seinem neuen Modell dazu entschlossen, zumindest einen Teil der vorhandenen Fachkräfte zu halten. „Das müssen wir gegenüber dem Land mit der Sozialraumanalyse begründen und danach ist dies nur in den Verbandsgemeinden Bad Hönningen und Dierdorf möglich“, berichtet Kiefer, die gleichzeitig darauf hinweist, dass zahlreiche andere Jugendämter die „interkulturellen Fachkräfte“ ganz abschaffen.
Als dritte Säule kommt schließlich das vom Land vorgegebene „betriebserlaubnisrelevante Zusatzpersonal“ hinzu, das zum Beispiel nötig ist, wenn aufgrund der baulichen Bedingungen einer Kita mehr Aufsichtspersonal vorhanden sein muss oder wenn das Konzept – zum Beispiel bei einer Wald-Kita - dies erfordert.
Unter dem Strich werden im Kreisjugendamtsbezirk Neuwied über das Sozialraumbudget rund 2 Millionen jährlich in die Kitas investiert. Ausschließlich für Personalkosten übernimmt das Land davon 60 Prozent, den Rest muss der Kreis bezahlen. „Mit den zusätzlichen Personalstellen wollen wir die Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas unterstützen und entlasten, aber auch den Familien konkrete und niederschwellige Hilfen zur Seite stellen“, fasst Jugendamtsleiter Jürgen Ulrich das Konzept, das gemeinsam mit dem „Institut für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit“ der Hochschule Koblenz entstanden ist, zusammen. Landrat Achim Hallerbach betont in diesem Zusammenhang, dass es auch Befragungen von Eltern und Kita-Leitungen sowie zwei Workshops mit weiteren Kooperationspartnern gegeben hat. „Uns war es wichtig, gemeinsam mit den Kitas und ihren Agierenden eine Konzeption zu entwickeln, die sinnvoll, tragfähig und umsetzbar ist“, erklärt er.