Dr. Exner beleuchtete noch einmal die zurückliegenden Monate seit dem Ausbruch der Pandemie. So haben man eine deutliche Entschärfung durch den Lock-down im Frühjahr erzielen können. In der dunklen Jahreszeit herrschten nun andere Bedingungen. Viel mehr Menschen halten sich mehr drinnen auf. Bei der Erklärung der medizinischen Faktoren des Pandemiegeschehens machte er deutlich: „Mit Abstandsregelungen kann man bereits über die Physik der Übertragung einiges bewirken. Händewaschen und Desinfektion sind wichtig. Flächendesinfektion tötet Viren ab. Wichtigste Maßnahmen sind: Mund- Nasenschutz, Abstand, Hygienemaßnahmen, Antiseptika und selbst Mundspüllösungen wie sie in der Zahnmedizin verwendet werden, tragen zum Schutz bei.“
Zum Test und Einsatz von HEPA-Filteranlagen (Hochleistungsschwebstofffilter) sagte Exner: „Wenn wir das Gerät im geschlossenen Raum für 30 Minuten laufen lassen, ist es nicht so, dass alle Viren entfernt werden. In der Hierarchie sind solche Geräte für Bereiche sinnvoll, wo es keine andere Möglichkeit gibt und nicht in ausreichendem Umfang gelüftet kann. Sie müssen zwingend auf den Raum, in dem sie eingesetzt werden sollen, abgestimmt sein. Aber: Technische Geräte können immer nur unterstützend wirken. Entscheidend sind: Tragen von Mund-Nasen-Schutz, Abstand halten, regelgerechtes Lüften und Hygienemaßnahmen. Der Hauptübertragungsweg ist jedoch verhaltensgesteuert und nicht über technische Maßnahmen zu lösen“.
Exner schlägt alternativ u.a. die Anschaffung von CO2-Messgeräten vor: „CO2-Messgeräte sind sinnvoll. Wir Menschen atmen Sauerstoff ein und geben CO2 ab. CO2-Messgeräte sind daher ein guter Maßstab fürs Lüften. Wenn der CO2-Wert über 2000 ppm ansteigt, sollte dies nicht toleriert und gelüftet werden Daran lässt sich Notwendigkeit gut koppeln, wann ich lüften muss.“ Außerdem sei, so Exner, der Lüftungseffekt bei großer Temperaturdifferenz zwischen innen und außen größer. Im Winter käme man mit deutlich kürzeren Lüftungszeiten aus. Professor Exner betonte, bei fehlender Lüftungsmöglichkeit von Räumen die Nutzung zu untersagen.
Der Landkreis Neuwied stellt sich den Herausforderungen bei der Bekämpfung der Coronakrise mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln. Insbesondere gelte dies auch für Maßnahmen an den Schulen. Das machte Landrat Achim Hallerbach deutlich. Gleichzeitig beleuchtete er die aktuelle Situation im Kreis Neuwied. Der Kreis als Schulträger ist verantwortlich für 25 Schulen mit insgesamt rund 1200 Klassenräumen. Hinzu kommen noch allgemeine Räume, Flure etc. Dies würde im Falle von Nachrüstung mit Luftreinigungsgeräten enorme Investitionen zur Folge haben, die mit dem Land abzustimmen sind. „Deshalb bin ich froh, hier heute die Meinung eines anerkannten Experten wie Dr. Exner zu hören, damit wir uns ein Bild von den eventuell notwendigen Maßnahmen machen können“, betonte Hallerbach. Und er ergänzte: „Die Fallzahlen im Kreis steigen weiter, es gibt keine Hotspots mehr, die Infektionslage ist sehr diffus. Und es ist keine Entlastung in Sicht. Ich kann auch die Sorgen von Lehrern, Schüler und Eltern – auch als Vater von zwei schulpflichtigen Kindern - sehr gut nachvollziehen. Der Druck die Schulen zu schließen wächst.“ Er betonte jedoch auch, dass alle Investitionen wissenschaftlich abgesichert sein müssten.
Teilnehmer/innen der Runde waren: Achim Hallerbach (Landrat Kreis Neuwied), Hans-Günter Fischer (Bürgermeister VG Linz), Reiner W. Schmitz (Beauftragter der VG und Stadtbürgermeister Bad Hönningen), Dr. Hans Georg Faust (Bürgermeister Stadt Linz), Helmut Muthers (1. Beigeordneter Stadt Linz), Karl-Heinz Wölbert (Initiator und Beigeordneter Stadt Linz). Urs Exner (Beigeordneter VG Bad Hönningen), Dr. Jörg Scheinpflug (1. Beigeordneter VG Unkel) sowie Karin Wessel (Citymanagerin Linz).
Prof. Dr. Dr. Martin Exner war jahrzehntelang Direktor des Instituts für Hygiene und öffentliche Gesundheit sowie geschäftsführender Direktor des Zentrums für Infektionsschutz der Universität Bonn und ist aktuell Leiter des Präventions- und Ausbruchsmanagements / One Health am Institut für Hygiene und öffentliche Gesundheit – Kooperationszentrum der WHO an der Universitätsklinik Bonn.