Bereits im Frühjahr hatte die Kreisverwaltung Neuwied im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe LANDreisen Philipp Wenz als Referenten zum Thema „Mühe für die Kühe“ gewinnen können. Die positive Resonanz dieser Veranstaltung bei den Landwirten hatte die Idee reifen lassen, die Eindrücke dieses Vortrages in Tagesseminaren zu vertiefen.
Jeweils 28 Teilnehmer, Landwirte und Mitarbeiter der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft, waren den Einladungen von Werner Baumgarten, Fachberater für Fleischrinderhaltung des DLR und Thomas Ecker von der Unteren Landwirtschaftsbehörde der Kreisverwaltung Neuwied gefolgt, um ihren Umgang mit Rindern zu optimieren.
„Geht man davon aus, dass jeder der Anwesenden im Durchschnitt 30 Jahre Berufserfahrung im Umgang mit Rindern besitzt, so stehe ich hier vor rund 900 Jahren Sachverstand in der täglichen Arbeit mit Rindern“, eröffnete Philipp Wenz das Seminar und führte aus, dass sich durch die strukturellen Veränderungen in der Landwirtschaft auch die Haltungsformen und die Viehbestandsgrößen deutlich verändert hätten. Viele Betriebe seien in der Wachstumsfalle gefangen, weil sie ihre Tierbestände aufgrund wirtschaftlicher Zwänge stetig vergrößert hätten. „Der Druck in derselben Zeit mehr Arbeit bewältigen zu müssen, führt nicht selten zu einem Gefühl der Überforderung und zu Hektik in den Arbeitsabläufen. Diese überträgt sich nicht selten auf die Tiere. Damit wächst die Unfallgefahr deutlich an. Zudem verbraucht der Umgang mit einem verängstigten und nervösen Tier mehr Zeit, als das Miteinander in ruhiger, entspannter Atmosphäre“, erklärte Wenz.
Als Verwalter eines großen Mutterkuhbetriebes hatte er sich und sein Mitarbeiter-Team mit der Organisation von Weide- und Corral-Umtrieb einer annähernd menschenscheuen Viehherde vor vielen Jahren schlichtweg überfordert gesehen. Auf der Suche nach Lösungen war er dann auf eine Methode aus den Vereinigten Staaten zum stressarmen Umgang mit Rindern gestoßen. Diese als Low-Stress-Stockmanship bezeichnete Art des Umgangs mit Rindern, besteht im unentwegten Treiben der Tiere, ohne den Gebrauch von Gestik und Stimme, weshalb Wenz auch die Bezeichnung als „Kuhflüsterer“ ablehnt.
Die genaue Beobachtung des Tierverhaltens und der Aufbau von Druck durch Annäherung und Druckentlastung durch paralleles Weichen sind dabei die Grundzüge des entspannten Arbeitens mit den Rindern. Vor allem aber bedarf es der Geduld und steten Übung. Der Erfolg dieser Methode, die vorwiegend von einer einzigen Person durchgeführt wird, basiert auf dem Lernprozess, den die Tiere im regelmäßigen Umgang durchlaufen. Im Ergebnis wird Arbeitszeit eingespart und die Unfallgefahr von Mensch und Tier erheblich vermindert.
Im Anschluss an das theoretische Vormittagsprogramm wurde das Erlernte bei der Mutterkuhherde von Wilfried Vohl aus Elgert praktisch umgesetzt. Die Seminarteilnehmer konnten sich davon überzeugen, wie Philipp Wenz nach einer kurzen Kennenlernphase, die Herde durch beständiges Treiben mit Druck und Gegendruck über die Weide bewegte. Einzelne Tiere, die sich separierten, wurden dabei immer wieder in den Herdenverband eingebracht.
Zum Abschluss des Seminars reichte Heike Vohl
Kaffee und frische Waffeln und so mancher Seminarteilnehmer konnte es kaum
erwarten, das Low-Stress-Stockmanship an der eigenen Herde ausprobieren zu
können.