Mit einem aufrüttelnden Brief an die Bundes- und Landtagsabgeordneten der Region versuchen die Mitglieder des „Runden Tisch gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen Rhein-Westerwald“ (RRT) derzeit auf die prekäre Situation in diesem Bereich hinzuweisen. Ausschlaggebend war die Ankündigung des Frauennotrufs Koblenz, Frauen aus dem Landkreis Neuwied künftig nicht mehr zu beraten. Zusätzlich hat sich der ehrenamtlich organisierte „Trotzdem-Lichtblick-Verein gegen sexuellen Missbrauch/ Frauennotruf e. V.“ bereits aufgelöst. Somit sieht es so aus, als ob für von sexualisierter Gewalt betroffene Frauen und Mädchen ab Januar 2025 keine Beratungs- und Unterstützungsangebote mehr im Landkreis Neuwied finden.
Darüber hinaus reichen die bestehenden Angebote schon lange nicht mehr aus. Das für die drei Kreise zuständige Frauenhaus Westerwald verfügt gerade einmal über 5 Plätze (7 nach Neubau) für Frauen mit ihren Kindern. Diese sind jedoch nahezu dauerhaft belegt, denn es fehlen nicht nur mindestens 46 Familienplätze, sondern auch bezahlbarer Wohnraum für die Zeit nach dem Frauenhaus. Zwar gibt es eine Reihe von Beratungs- und Präventionsangeboten, doch vielfach wird die Arbeit entweder ehrenamtlich geleistet oder die Fortsetzung ist aufgrund auslaufender Fördermittel beziehungsweise Finanzierung ungewiss.
In den drei Landkreisen, Neuwied, Altenkirchen und Westerwaldkreis leben 265.966 Frauen und Mädchen (Stand 30.06.2023). Geht man davon aus, dass jede vierte Frau in Deutschland im Laufe ihres Lebens mindestens einmal körperliche und/oder sexuelle Übergriffe durch einen Beziehungspartner erlebt, ergibt sich von selbst, dass die vorhandenen Angebote bei Weitem nicht ausreichen.
Es fehlen barrierefreie Frauenhausplätze, Beratungsstellen, Fahrdienste, Übersetzungshilfen, bezahlbarer Wohnraum, Präventionsangebote und vieles mehr. Neben der gesicherten Finanzierung gehört ebenso ein fest eingestellter und gut qualifizierter Personalstamm, der nicht an befristete Projektmittel gebunden ist.
Deshalb appelliert der RRT eindringlich an die Abgeordneten: „Setzen Sie sich für eine dauerhaft auskömmliche Finanzierung, die sich an den tatsächlichen Bedarfen orientiert, in den Entscheidungsgremien des Landes bzw. Bundes ein!“
Zum Hintergrund:
Der Runde Tisch gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen Rhein-Westerwald ist ein Netzwerk von Polizei, Justiz, Behörden, Beratungsstellen, Frauenunterstützungs- und Opferschutzeinrichtungen, gegründet 2001 im Rahmen des Rheinland-pfälzischen Interventionsprojekts gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen (RIGG). Er kämpft gegen Gewalt in engen sozialen Beziehungen und informiert über Hilfsangebote in den Landkreisen Altenkirchen, Neuwied, Westerwaldkreis und der Stadt Neuwied.