Kreis Neuwied. Eigentlich hatte sie „etwas Anständiges gelernt“. Doch dann fand sie im öffentlichen Dienst ihre Aufgabe. Eine, die sie erfüllte, so sehr, dass sie mehr als 27 Jahre lang blieb - und zu einer Institution wurde. Jetzt tritt Doris Eyl-Müller, die Gleichstellungsbeauftragte der Neuwieder Kreisverwaltung, in den Ruhestand. Landrat Achim Hallerbach verabschiedete sie, wohl wissend, dass Eyl-Müller noch am folgenden Tag - einen vor ihrem offiziellen Dienstende - eine von ihr selbst organisierte Veranstaltung durchführen würde. „Ist `was knapp. Aber solange man Geld verdient, sollte man dafür auch arbeiten“, hatte sie, leicht grinsend, kommentiert.
Pflichterfüllung: unbedingt. Aber „beamtisch“ im Sinn des Klischees ist sie nie gewesen. Dass sie „etwas Anständiges gelernt“ hat, hat Doris Eyl-Müller stattdessen gern erzählt – mit einem Ausgenzwinkern, wenn sie gelegentlich mit behördlichen Wegen haderte. Und es stimmt: Die Tochter eines Gastwirts in Oberdreis schaffte es von der Puderbacher Hauptschule bis zum 2. Staatsexamen, hätte Biologie- und Mathematik-Lehrerin sein können. Doch erst einmal ging sie in die „große Politik“. Als Bundesgeschäftsführerin der Juso-Hochschulgruppen war sie in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren in Berlin und Bonn aktiv.
Parallel ist sie damals Frauen-, Drogen- und Umweltreferentin im Juso-Bundessekretariat – und erkennt, dass die Frauen- und Gleichstellungspolitik ein Feld ist, auf dem es viel zu tun gibt. Als sie dann „nach Hause kommt“ und bei der Neuwieder Kreisverwaltung im Vorstellungsgespräch sitzt, wird die Mutter eines Sohnes gefragt, wie sie denn glaube, Familie und Beruf unter einen Hut bekommen zu können. Sie erkennt: „Die brauchen mich“, sagt das aber nicht, sondern macht sich stattdessen an die Arbeit. Doris Eyl-Müller bohrt auch die manchmal dickeren Bretter mit geduldiger Beharrlichkeit. „Herzlich, authentisch, analytisch denkend, offen, auf eine erfrischende Art direkt, aber nie verletzend, ausgleichend, mit viel Verständnis und Empathie für die jeweils andere Sichtweise und, wenn es nötig war, auch mit einer klaren Positionierung“, beschrieb Landrat Achim Hallerbach sie bei der Verabschiedung und vermutete, dass Eyl-Müller wohl eine ihrer Kernkompetenzen schon sehr früh gelernt hat: „Als Gastwirtstochter, die in den 70er-Jahren im elterlichen Betrieb mit anpackt, werden Sie mit Frauenwitzen unterster Kategorie konfrontiert gewesen sein. Aber Doris Eyl-Müller wäre nicht unsere Doris Eyl-Müller, wenn sie das nicht schlagfertig und geistreich zu parieren gewusst hätte“, sagte er.
In fast drei Jahrzehnten als Gleichstellungsbeauftragte hat Doris Eyl-Müller auch etliche Anekdoten erlebt. Die, die ihr die meisten Schweißperlen auf die Stirn trieb, war wohl die, als Altkanzler Helmut Kohl Gast-Laudator bei einer von ihr organisierten Johanna-Loewenherz-Preisverleihung war - und auf dem Weg in den Festsaal im Aufzug des Engerser Schlosses stecken blieb. „Da war ich doch ein wenig nervös und hab schon die Schlagzeilen vor Augen gehabt. Aber glücklicherweise funktionierte der Aufzug recht schnell wieder“, erinnerte sie sich. Unabhängig davon dachte sie bei ihrer Verabschiedung vor allem an die Kollegen und dankte ihnen, „die mir immer, auch bei den exotischen Aufgaben, geholfen haben“. Weiter sprach sie zufrieden von einem „Job mit hoher Selbstverwirklichung“.
„Du bist eine nicht wegzudenkende Institution“, lobte Personalratschefin Birgit Eisenhuth. Eyl-Müller habe „von Anfang an Gas gegeben, für Chancengleichheit gekämpft und Netzwerke gebildet“, sagte sie und machte deutlich, dass die Gleichstellung im Kreis Neuwied dank ihr im ganzen Land einen guten Ruf genießt. Einig war sie sich daher mit Landrat Achim Hallerbach, Kreis-Beigeordnetem Michael Mahlert, Büroleiterin Diana Wonka und vielen weiteren Kollegen, „dass Doris Eyl-Müller große Fußspuren hinterlässt“.
In diese tritt künftig übrigens Daniela Kiefer, bislang Netzwerkkoordinatorin im Jugendamt der Neuwieder Kreisverwaltung. Doch das ist eine andere Geschichte. Eine, die noch geschrieben werden will.